Luzian Franzini, Co-Präsident Alternative – die Grünen

 

Erinnern Sie sich noch an die «mageren Zeiten in Zug»? Noch im Jahr 2017 schrieb der Regierungsrat: «Sofern kein Gegensteuer gegeben wird, dürften die Defizite weiterhin hohe zweistellige oder gar dreistellige Millionenbeträge ausmachen.» Rund sieben Jahre später hat sich bewahrheitet, was die Linke immer gesagt hat: Der Kanton Zug hatte und hat keine Geldprobleme.

 

Die neoliberalen Sparprogramme dienten nur dazu, die nächste Welle von Tiefsteuerpolitik einzuleiten. Und diese diversen Steuersenkungen der letzten Jahre haben ihre Wirkung gezeigt. Die steuerliche Attraktivität von Zug ist nochmals gestiegen und damit auch die Mietpreise. Zug weist die niedrigste Leerstandsquote und den höchsten Durchschnittsmietpreis auf. Und entsprechend wurden 36000 Zugerinnen und Zuger allein zwischen 2011 und 2021 in Nachbarkantone verdrängt.

Nun sitzt Zug auf 2,836 Milliarden Franken Eigenkapital und weiss nicht wohin mit dem Geld. Da der Finanzdirektor bereits öffentlich mit der nächsten Steuersenkung liebäugelt, scheint auch langsam der Goodwill bei anderen Kantonen abzunehmen. So fordert ein Vorstoss aus Solothurn, dass reiche Kantone einen stärkeren Anteil an den Nationalen Finanzausgleich (NFA) leisten und somit die angeschlagenen Bundesfinanzen entlasten.

Die finanziellen Perspektiven werden sich in nächster Zeit nicht gross ändern. Zug rechnet bis zum Jahr 2030 mit 3 Milliarden Franken Eigenkapital. Die OECD-Mindeststeuern können zu noch grösseren Einnahmen führen. Während es bei den Einnahmen gut aussieht, steht die rechtsbürgerliche Regierung bei den Ausgaben auf den Bremsen. Anträge der Alternative – die Grünen (ALG) für mehr Geld bei der Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung, mehr Ressourcen für die Betreuung von Asylsuchenden oder den Ausbau des Schulpsychologischen Dienstes wurden allesamt abgelehnt. Projekte, welche jedoch ideologisch in den Kram passen, finden breite Zustimmung. Der Kantonsrat sprach 1 Milliarde Franken für zwei kurze Strassentunnel, 40 Millionen für die Forschung im Blockchain-Bereich, 500000 für die Unterstützung der Kaserne der Schweizergarde in Rom und sprach sich für die stärkere Subventionierung von Privatschulen aus, um explizit attraktiv für Expats zu bleiben. Für diese Projekte wird gerne Geld in die Hand genommen.

Für die ALG ist klar: Diese hohe Eigenkapitalsituation muss anders genutzt werden, damit Zug auch für tiefere Einkommen noch lebenswert bleibt. Im Folgenden sollen einige Ideen skizziert werden.

 

Die Wohnraumfrage lösen

Der Handlungsbedarf ist hier sehr gross: Seit Jahren fordern wir von der Regierung mehr Engagement für bezahlbaren Wohnraum. Wie neuste Zahlen bestätigen, hat der Kanton Zug die höchsten Durchschnittsmietpreise sowie den geringsten Leerwohnungsbestand. Für Wohnungen mit vier und fünf Zimmern sind die Nettomieten im Kanton Zug seit 2010 überdurchschnittlich stark angestiegen, um 8,1 respektive 7,8 Prozent.

Es ist also klar: Es braucht Massnahmen gegen die Wohnungsnot. Die ALG hat bereits im August 2023 eine Motion für die Schaffung eines Wohnbaufonds eingereicht. Konkret fordern wir, dass 500 Millionen Franken des Zuger Eigenkapitals für die Wohnraumförderung genutzt werden. Zudem hat die Partei mit Unterstützung von bürgerlichen Kantonsräten einen Vorstoss eingereicht, der ein Vorkaufsrecht der Gemeinden im Gesetz verankern will. So könnten Gemeinden gezielt Land kaufen und dieses dann zum Beispiel Wohnbaugenossenschaften zur Verfügung stellen. Diese Aufgabe könnte der Kanton Zug finanziell unterstützen und so dafür sorgen, dass ein Teil des Zuger Bodens gemeinnützigen Bauträgern zur Verfügung gestellt wird.

Umweltpolitik: Die Klimakrise angehen

Der Kanton Zug hätte grosses Potenzial, um in der Klimafrage endlich vorwärtszumachen. Denn während unser Nachbarkanton Luzern eine 170 Seiten grosse Klimastrategie mit Massnahmen im Umfang von 50 Millionen Franken präsentierte, beinhaltet das 16-seitige (!) «Energieleitbild» des Kantons Zug nur Phrasen und keine konkreten Massnahmen.

Ein grosser Hebel liegt beim Verkehr. Rund 38 Prozent der CO2-Emissionen der Schweiz werden durch den Verkehr verursacht. Mit einem höheren ÖV-Modalsplit können Emissionen gesenkt werden, was für das Erreichen der Klimaziele von Paris entscheidend ist. In den letzten Jahren wurden preisliche Fehlanreize gesetzt. So stiegen am 1. Januar 2024 die ÖV-Preise der Zugerland Verkehrsbetriebe (ZVB) überdurchschnittlich um vier Prozent (gegenüber 3,7 Prozent im nationalen Vergleich). In den letzten 15 Jahren ist der ÖV gar um 18 Prozent teurer geworden, Autofahren hingegen um fast vier Prozent günstiger.
Die ALG hat als Reaktion auf die gewonnene Tunnelabstimmung vom Frühjahr 2024 ein ÖV-Impulsprogramm im Umfang von mindestens 100 Millionen Franken im Kantonsrat eingegeben. Nebst der Subventionierung von ÖV-Billetts sollen Strecken und Taktfrequenzen ausgebaut , multimodale Verkehrsmodelle gefördert sowie weitere Massnahmen ergriffen werden, welche den Modalsplit zugunsten einer flächeneffizienten und ökologischen Mobilität verbessern. Denn obwohl der Kanton Zug kleinräumig ist, nutzen nur 27,8 Prozent der Bevölkerung den ÖV als Hauptverkehrsmittel zum Pendeln. Dabei wäre das Potenzial gross. So hat beispielsweise der topographisch ähnliche Kanton Zürich mit 41,7 Prozent einen viel höheren ÖV-Anteil. Aber auch das Velo soll stärker gefördert werden. Denn wenn 41 Prozent einen Verfassungsartikel fürs Velo unterstützen, so sind mehr Massnahmen angebracht. Nebst Veloschnellbahnen braucht es auch ein Veloverleihsystem. Leihsysteme haben in den letzten Jahren an vielen Orten nachweislich zu einer vermehrten Nutzung des Velos geführt.

 

Gleichstellung und Familien fördern

In der Schweiz und auch im Kanton Zug sind Kitaplätze noch immer unzureichend finanziert, was dazu führt, dass die Kosten für die Kinderbetreuung sehr hoch sind. Familien mit geringem Einkommen stehen häufig vor dem Problem, dass sich die Arbeitstätigkeit aufgrund der hohen Betreuungskosten finanziell kaum lohnt. Die subventionierten Plätze reichen oft nicht aus, um den Bedarf zu decken, und viele Eltern müssen auf teurere private Angebote ausweichen. Diese Situation trägt dazu bei, dass insbesondere Mütter mit niedrigen Einkommen gezwungen sind, ihre beruflichen Aktivitäten zu reduzieren oder ganz aufzugeben, da die Kinderbetreuungskosten einen erheblichen Teil des Einkommens aufzehren. Wenn Kitaplätze für alle gratis wären und gleichzeitig die Angebote massiv ausgebaut würden, könnte der Kanton Zug seine Attraktivität für Familien nochmals massiv steigern.

 

Globale Solidarität leben

Es darf nicht vergessen werden, dass ein grosser Teil unserer Steuereinnahmen aus ausbeuterischen Tätigkeiten im globalen Süden stammt. Wenn Glencore einen Übergewinn von 17,3 Milliarden Franken in Zug versteuert, bedeutet dies, dass die Ursprungsländer der Minen fast leer ausgehen. Der Kanton Zug könnte einen Teil dieses Eigenkapitals rückvergüten. Beispielsweise mit Zuwendungen an das World-Food-Programm der UNO, welches im Tschad im Einsatz ist, in einem Land, das aufgrund eines schlechten Öldeals mit Glencore fast in den Staatsbankrott getrieben wurde. Oder indem der Kanton Zug mit Einnahmen von Oligarchen und Freunden Putins den Wiederaufbau in der Ukraine unterstützt.

Ideen gäbe es genug, was Zug mit seinen 2,8 Milliarden Franken Eigenkapital anstellen könnte. Damit diese Ideen umgesetzt werden können, braucht es eine stärkere ALG – auch wieder in der Regierung. Ansonsten geht es weiter mit Steuersenkungen für Vermögende, und die Mehreinnahmen aus der OECD-Mindeststeuer werden an Grosskonzerne rückverteilt anstatt für die Herausforderungen unserer Zeit eingesetzt.

Die Eigenkapitalentwicklung in den nächsten Jahren kennt keine Grenzen. Höchstwahrscheinlich werden die Projektionen der Finanzdirektion noch übertroffen.