Andreas Lustenberger, Kantonsrat ALG Baar und Mitinitiant der Zuger Velonetz-Initiative

 

 

Am kommenden 9. Juni stimmen wir im Kanton Zug über die Velonetz-Initiative ab. Die Verfassungsinitiative fordert ein durchgehendes und sicheres Velonetz. Machen wir Zug zu einem Velokanton.

 

 

2018 lancierten die Alternative – die Grünen, Pro Velo und der VCS gemeinsam die Zuger Velonetz-Initiative. Nach dem wuchtigen Nein gegen die beiden Tunnelvorlagen und damit auch gegen einen weiteren Ausbau der Strasseninfrastruktur für den motorisierten Individualverkehr kommt die Initiative diesen Sommer zum richtigen Zeitpunkt vor das Volk. Mit einem möglichst breiten überparteilichen Komitee wollen wir die Abstimmung gewinnen und damit den Startschuss für neue Wege in der Zuger Verkehrspolitik setzen.

 

4-Punkte-Plan

Die Verfassungsinitiative ist als allgemeine Anregung formuliert und besteht aus insgesamt acht Empfehlungen, welche die folgenden vier Kernanliegen umfassen:

 

  1. Alle wichtigen Wohn- und Arbeitsgebiete sind durch ein direktes, durchgehendes und komfortables Velonetz verbunden.
  2. Der Veloverkehr wird vom Autoverkehr und vom Fussgängerbereich möglichst separiert.
  3. An den Zielorten stehen genügend gedeckte Veloabstellplätze und E-Bike-Ladestationen zur Verfügung.

 

  1. Die Gemeinden sorgen für sichere und attraktive Einkaufs-, Schul- und Arbeitswege für Velofahrende.

 

Gegen einseitige Verkehrspolitik

Während in den meisten Kantonen der Motorisierungsgrad in den letzten Jahren eher stagnierte oder sogar leicht zurückging, ist er in Zug kontinuierlich gestiegen. Über 80 Prozent der Zuger Haushalte besitzen mindestens ein Auto, total waren Ende 2022 rund 94000 Autos gemeldet und dies bei etwa 130000 Einwohner:innen. Im schweizweiten Vergleich ist dies mit 731 Fahrzeugen pro 1000 Personen der Spitzenwert. Die Gründe für diesen hohen Autoanteil liegen einerseits in der ebenfalls hohen Dichte an Zuger:innen mit einem überdurchschnittlich hohen Einkommen und Vermögen. Anderseits hat der Kanton Zug in den letzten Jahren sehr wenig in die Veloinfrastruktur investiert. Während es früher auch für Kinder Usus war, mit dem Velo unterwegs zu sein, ging die Zahl der Velofahrenden stetig leicht zurück. Der Kanton ist in den vergangenen Jahrzehnten stark gewachsen und wird dies auch in den kommenden Jahren weiter tun. Die Verkehrspolitik hat zu lange ihr Augenmerk nur auf den motorisierten Individualverkehr gelegt, was sich dementsprechend auch in einem reduzierten Sicherheitsgefühl für Velofahrende widerspiegelt. Dies lässt sich schweizweit auch statistisch belegen, so nahmen die Unfälle mit verletzten und getöteten Personen in den vergangenen 20 Jahren ausschliesslich beim Velo zu (siehe Grafik).

Vom Auto- zum Velokanton

Die Schweiz ist eine Gesellschaft von Pendlerinnen und Pendlern. Sei dies zur Arbeit, in die Schule oder in der Freizeit. Dies wird sich auch in absehbarer Zeit nicht ändern. Umso zentraler ist die Frage, wie diese Mobilität in unseren knappen Raumverhältnissen ausgestaltet werden soll. Als flächeneffizientes und kostengünstiges Fahrzeug bietet das Velo viele Vorteile. Mehr als drei Viertel der Zuger Bevölkerung leben in der Lorzenebene und im Ennetsee. Die Gemeinden verschmelzen immer mehr zu einem urbanen Gebiet, mit gegen 100000 Einwohner:innen, was in der Schweiz als kleinere Grossstadt gilt. Auch viele der 120000 Arbeitsplätze befinden sich in diesen Gemeinden. Aufgrund der flachen Topographie hat Zug ideale Voraussetzungen, um den Kanton in einen Velokanton zu verwandeln. Dazu braucht es Mut, Vorstellungsvermögen und die nötigen Investitionen. Darin hat die Zuger Regierung in den letzten Jahren nicht eben brilliert. Deshalb braucht es die Zuger Velonetz-Initiative, welche die Veloförderung auf Verfassungsebene verankert. Dass sich auch die Zuger Stimmbevölkerung mehr Velo wünscht, zeigte sich 2018 in der nationalen Abstimmung zum Gegenentwurf des Bundesrates zur Velo-Initiative, welche die Zuger:innen mit einem Ja-Stimmenanteil von 73 Prozent befürworteten.

 

Das Velo bringt viele Vorteile

Der Aufschwung der E-Bikes in den letzten zehn Jahren macht es heute möglich, ohne weiteres seinen Arbeitsweg mit dem Fahrrad zu bewerkstelligen. Auch der Transport von grösseren Einkäufen oder die regelmässige Fahrt in den Ökihof lassen sich dank der Stromunterstützung gut mit dem Velo erledigen. Auch wenn zu Beginn und im Umgang teilweise noch ein Ärgernis, bieten auch die stromunterstützten Trottinetts neue Möglichkeiten. So kann auch der Businessmensch im Anzug auf das Auto verzichten und die sogenannte letzte Meile vom Bahnhof bis zum Arbeitsort mit dem Trottinett unter die Räder nehmen.

Wer mehrmals wöchentlich mit dem Velo unterwegs ist, tut damit etwas Gutes für seine Gesundheit. Bewegung fördert das physische und psychische Wohlbefinden. Das Velo ist platzeffizient. Gerade im urbanen Raum, der zunehmend verdichtet wird und Raum für verschiedene Mobilitätsteilnehmende sichern muss, ist dies nicht ausser Acht zu lassen. Neue Velowege oder Radstreifen benötigen bedeutend weniger Land als Strassen im Grünen. Die Kosten für ein Velo, in der Anschaffung und auch im Unterhalt, sind tief. Je nach Wohnlage lässt sich durch die Nutzung des Velos auf ein Auto und damit auch auf einen Parkplatz verzichten.

 

Mobilitätspolitik ist Klimapolitik

Mit dem JA zum Klimaschutzgesetz hat die Schweizer Bevölkerung das Nettonullziel bis 2050 gesetzlich verankert. Damit wir dieses Ziel erreichen, braucht es Absenkungspfade in allen emissionsreichen Sektoren. Die Mobilität belastet unser Klimabudget mit rund einem Drittel und hat deshalb eine grosse Hebelwirkung. Im Gegensatz zu anderen Bereichen haben sich die Emissionen im Verkehrssektor seit den 1990er-Jahren praktisch nicht reduziert. Es besteht demnach ein ausgewiesener und grosser Handlungsbedarf. Das Velo muss und kann hier einen enorm wichtigen Beitrag leisten und muss deshalb von der Regierung und den Behörden stärker gefördert werden.

Die Ablehnung der beiden Strassentunnel haben gezeigt, dass sich die Zuger Bevölkerung eine andere Verkehrspolitik wünscht. Ein JA zur Zuger Velonetz-Initiative ist damit ein JA zu einem zeitgemässen, attraktiven und sicheren Velonetz im Kanton Zug!

 

Velowege regeln

Bei einer Annahme der Initiative müssen Regierung und Kantonsrat einen konkreten Verfassungsartikel ausarbeiten, welcher dann auch in ein Velogesetz mündet. Verschiedene Kantone haben aufgrund des nationalen Veloweggesetzes, welches 2023 in Kraft trat und eine Folge der Abstimmung von 2018 ist, kantonale Velogesetze erlassen. Der Kanton Zug lehnt bis heute die Erarbeitung eines solchen Gesetzes ab. Stattdessen hat er im Rahmen des Mobilitätskonzeptes (das gleiche Konzept, welches auch zwei neue Strassentunnel vorsah), gewisse Verbesserungen in den kantonalen Richtplan geschrieben. Dies auch dank den aktiven Bemühungen der ALG-Fraktion im Zuger Kantonsrat. Der Richtplan ist jedoch nicht das richtige Instrument, wenn es um einen starken Investitionsplan für einen Velokanton geht. Denn er hat weder einen finanziellen Spielraum noch ist er zeitlich bindend. Als sogenannte Softmassnahme wurde im letzten Jahr zudem ein Velorat ins Leben gerufen. Dieser hat sogar ein kleines Budget und kann Massnahmen zur Veloförderung beschliessen. Die ALG-Fraktion hat die Gründung des Velorats aktiv unterstützt. Er ersetzt jedoch nicht die notwendigen Investitionen für einen zukunftsfähigen Velokanton.