Luzian Franzini, Kantonsrat ALG Stadt Zug

 

Seit Februar 2022 sind in der Ukraine 10’378 Zivilist:innen ums Leben gekommen. 19’632 wurden verletzt. Für die ALG der Anlass, mit einer Mahnwache vor der Firma Nordstream der Opfer zu gedenken.

 

Kinder in den Frontregionen der Ukraine haben in den vergangenen zwei Jahren zwischen 3000 und 5000 Stunden in Kellern und unterirdischen U-Bahn-Stationen Schutz gesucht, während über ihnen Fliegeralarm ertönte. Das entspricht einer Dauer von vier bis knapp sieben Monaten unter dem Boden in ständiger Angst. Das sind Zahlen auf der Basis einer Analyse des Kinderhilfswerkes Unicef. Millionen von Menschen haben ihr Zuhause verloren oder sind im eigenen Land und in Europa auf der Flucht.

 

Mahnwache zum Gedenken

Am Vorabend des zweijährigen Jahrestages organisierte die ALG eine Mahnwache vor der Firma Nordstream in Zug. 50 Prozent der russischen Einnahmen auf der föderalen Ebene kommen aus dem Rohstoffhandel, und davon laufen laut Schätzungen rund 70 Prozent über die Schweiz, ein Grossteil davon auch über Zug. Und obwohl sich die Schweiz den EU-Sanktionen angeschlossen hat, sind noch immer staatlich-russische Gesellschaften hier in Zug aktiv und füllen so auch die Kriegskassen Russlands.

Erstes Beispiel: Von den acht grossen russischen Kohlehändlern und -förderern, die vor der Invasion in Zug waren, sind sieben immer noch hier aktiv. Drei haben zwar ihren Namen gewechselt, doch die Förderung und der Verkauf von Kohle gehen weiter. Russische Kohle ist eine wichtige Einnahmequelle für Putin.

Zweites Beispiel: Die russische Staatsbank Sberbank gehört dem russischen Finanzministerium. In ganz Europa mussten sie ihre Filialen schliessen. Jüngst wurde das Europageschäft an eine Genfer Bank verkauft. Doch die einzige noch aktive Filiale in ganz Europa, die Sber Trading Swiss AG, ist noch immer in Zug registriert. Es handelt sich um den Rohstoffarm der Bank. Auch nichtrussische Firmen wie Glencore verdienen weiterhin mit russischen Anteilen. Noch immer halten sie 10,55 Prozent der Anteile an EN+ und eine 0,5 Prozent-Beteiligung an Rosneft, die vom russischen Staat gegründet wurde. Mit Rohstoffen wird der Krieg finanziert.

 

Griffige Massnahmen gefordert

Bekannte Oligarchen geschäften weiter in Zug. Der ehemalige Vize-Ministerpräsident und Freund von Putin, Wladimir Potanin, ist bis heute nicht auf der Sanktionsliste der EU und der Schweiz. Er gilt als reichster Russe, und sein Konzern Nornickel deckt nach wie vor 38 Prozent des weltweiten Palladiums-, 17 Prozent des Nickels- und zehn Prozent des weltweiten Platinmarktes ab. Weshalb Potanin nicht auf der EU-Sanktionsliste figuriert, ist unklar. Es wird vermutet, dass dies mit der Versorgungssicherheit mit diesen seltenen Metallen zu tun hat. Auch die Gelder von anderen russischen Privatpersonen wurden noch nicht eingefroren oder wurden noch nicht einmal entdeckt. Erst sieben Milliarden von Oligarchen sind in der Schweiz eingefroren, von geschätzten 150 Milliarden Gesamtvermögen.

Es ist klar: Ohne Register der wirtschaftlich Berechtigten ist es fast unmöglich, noch weitere Vermögenswerte zu finden. Entsprechend sollte sich die Regierung für eine schnelle Umsetzung eines entsprechenden Vorstosses der Zuger Nationalrätin Manuela Weichelt einsetzen. Zudem braucht es eine Revision des Geldwäschereigesetzes, in der auch Wirtschaftsanwälte, die als Strohmänner für Diktatoren und Oligarchen in Zug fungieren, unter die Sorgfaltspflicht fallen. Die Zuger Regierung soll sich in Bern zudem dafür einsetzen, dass die Schweiz alle notwendigen Schritte für eine lückenlose Durchsetzung der Sanktionen unternimmt. Nur wenn der politische Wille vorhanden ist, dass die Schweiz und Zug kein sicherer Hafen zum Auffüllen der russischen Kriegskasse sind, können Sanktionen endlich effektiv greifen.

Für dieses Umdenken stehen wir weiterhin ein. Denn ein sauberer Zuger Rohstoffhandelsplatz ist nicht nur im Interesse der ukrainischen Bevölkerung, sondern vor allem auch im Interesse von Zug.