Manuela Weichelt, Nationalrätin Alternative – die Grünen

 

Bei Sanktionen darf es keine Ring-Fencing-Praxis geben. Die Schweiz ist kein Vorbild für eine strenge Praxis zur Umsetzung der Sanktionen gegenüber Russland. Das Beispiel Eurochem mit Sitz in Zug gibt zu Diskussionen Anlass.

 

Mit einer Motion beantragte ich dem Bundesrat, Massnahmen zu treffen, um das Ring Fencing (Vermögenswerte von einem Bereich in einen anderen transferieren mit dem Ziel, Vorteile zu erarbeiten bzw. Sicherheit zu gewährleisten) beim SECO und den Kantonen zu unterbinden. Der Bundesrat lehnte den Antrag ab. Die Debatte im Nationalrat fand am 28. Februar 2024 statt.

Die konsequente Umsetzung von Sanktionen gehört zu einem Rechtsstaat. Kantone und das SECO haben die Beschlüsse des Bundesrates umzusetzen. Der Auslöser meiner Motion war das Verständnis bezüglich Sanktionen der Zuger Regierung. Ich zitiere aus dem Regierungsratsprotokoll: «Der Kanton soll sich nicht einfach vom Bund treiben lassen, vor allem, was die vom Bund verhängten, einschneidenden Sanktionen betrifft.» Eine solche Aussage eines Vollzugsorgans ist aus staatspolitischen Gründen problematisch und inakzeptabel. Sogar ein bürgerlicher Kollege aus dem Nationalrat warnte den Bundesrat, dass die Schweiz in der Zwischenzeit eines der wichtigsten Länder für Umgehungsgeschäfte sei.

Mit Ring Fencing können Sanktionen unterlaufen werden. Gerade bei Finanzvermögen ist die Zeit ein wichtiger Erfolgsfaktor, wenn wir verhindern möchten, dass das Finanzsubstrat aus dem Schweizer Finanzsystem bereits vor dem Vollzug verschwunden ist. Die SECO-Direktorin bestätigte in den Medien, dass es eine lange Bearbeitungszeit für Gesuche geben würde. Dies führt automatisch zu einer Schwächung der Umsetzung von Sanktionen. Ich habe den Bundesrat gebeten, dazu Stellung zu nehmen, was er jedoch in seiner Antwort unterlassen hat.

 

Eurochem

Einig bin ich mit dem Bundesrat, dass das Ring Fencing keinesfalls zur Umgehung von Sanktionen verwendet werden darf. Der Bundesrat legt jedoch nicht dar, wie er dies auch garantiert. Das fördert das Vertrauen nicht.

Die Vorbereitungsarbeiten beim SECO für ein Audit bei Eurochem dauerten lange. Andrey Melnichenko versuchte beim SECO Einfluss zu nehmen und hat auch öffentlich angekündet, dass er Eurochem wieder übernehmen will. Eurochem wehrt sich vehement gegen Einschränkungen und argumentiert mit Hungertoten aufgrund des Mangels an Düngemitteln. Die anhaltende Ernährungskrise hat jedoch diverse, komplexe Ursachen: Konflikte, die Klimakrise, Inflation und auch die erhöhten Düngemittelpreise. Die starken Preiserhöhungen bedrohen kurzfristig unmittelbar die Existenzen von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern insbesondere im globalen Süden. Das Narrativ, wonach Russlandsanktionen zu effektiven Shortages an Dünger geführt haben, lässt sich nicht erhärten. Gemäss Daten der UNO sind Exporte von russischem Dünger in Entwicklungsländer nicht zurückgegangen. Russland konnte aufgrund der gestiegenen Preise die Einnahmen aus Düngerexporten stark erhöhen. Ob das Audit mit Andrey Melnichenko zwischenzeitlich stattgefunden hat, hat der Bundesrat nicht verlauten lassen.

 

Es gibt noch viel zu tun

Es darf bezweifelt werden, dass die Schweiz alles macht, um das Maximum an möglichen Sanktionen umzusetzen. Warum wurden sonst von den etwa 150 Milliarden Franken russischer Vermögen in der Schweiz bis heute weniger als acht Milliarden gefunden? Sanktionen müssen durchgesetzt werden! Nach wie vor werden die US-Sanktionen nicht übernommen. Nach wie vor blockiert der Bundesrat den Beitritt in die multinationale Taskforce Repo zur Umsetzung der Sanktionen gegen Russland.

Der Nationalrat wollte keine strengere Umsetzung und lehnte meine Motion mit 131 (GLP, FDP, Mitte, SVP) zu 61 Stimmen ab.