Manuela Weichelt, Nationalrätin Alternative – die Grünen Kanton Zug 

 

Im Rahmen einer Mahnwache am 24. Februar 2025 aus Solidarität mit der Ukraine hielt Manuela Weichelt eine Rede. Der Anlass fand auf dem Bundesplatz in Zug statt. Unweit von zwei Firmen, die im Zusammenhang mit dem Krieg eine Rolle spielen. Die Rede wurde für das BULLETIN angepasst.  

 

Die ersten Kinder, die während dieses grausamen Krieges gegen die Ukraine auf die Welt kamen, feiern nun ihren dritten Geburtstag. Sie haben noch keinen kriegsfreien Geburtstag erlebt. Etwas, das wir uns hier im wohlbehüteten Zug nicht vorstellen können. Andererseits spielen Zug und die Schweiz eine Rolle bei diesem Krieg. Dabei sind auch zwei Zuger Firmen relevant.  

Unweit dieses Platzes befinden sich zwei Firmen, die allein letztes Jahr acht Milliarden Dollar in Putins Kriegskasse spülten. Am Bundesplatz 9 ist seit 2011 die Novatek Gas & Power. Am Bundesplatz 7 seit 2019 die Novatek Gas & Power Asia.  

Die Spezialität der beiden Firmen ist Flüssiggas – abgekürzt LNG, Liquified Natural Gas. Das Besondere an diesem russischen Energieprodukt ist: Es ist NICHT sanktioniert! Bevor ich auf die Gründe zu sprechen komme, stelle ich die Firmen kurz vor. Die Novatek ist heute die grösste Flüssiggasfirma Russlands. Während die sanktionierten Pipelinefirmen serbeln, beispielsweise die Gazprom (hinter der Post am Postplatz), Nordstream 1 (hinter dem Metalli), Nordstream 2 (in Steinhausen), floriert die Novatek. Auch die Novatek ist mit Putin engstens verbunden. 

Die Novatek gehört Leonid Mikhelson. Laut dem US-Wirtschaftsmagazin Forbes war er 2023 mit 22 Milliarden Dollar Vermögen der viertreichste Russe. Wegen des Flüssiggasbooms dürfte er heute der reichste Russe sein. Der Novatek-Besitzer war am berühmt-berüchtigten Putin-Treffen der Oligarchen vor genau drei Jahren, am ersten Kriegstag, im Kreml dabei.  

Mikhelson und Novatek sind eng verbunden mit zwei der wichtigsten Öl- und Gashändler sowie Putin-Oligarchen Gennadi Timtschenko und Alexej Miller. 2021 wurde der Finanzvorstand der Novatek, Mark Gyetvay, in den USA wegen Steuervergehen zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt. Mikhelson ist noch mit einem weiteren russischen Konzern mit Zuger Ableger verbunden, dem Petrochemiekonzern Sibur. Er hat seit 2012 eine Niederlassung an der Oberneuhofstrasse 5 in Baar, die SIBUR Investments AG. Ihr erster Verwaltungsratspräsident war Kirill Schamalow, Ex-Schwiegersohn Putins. Die Novatek nahm anfangs Dezember 2024 am Flüssiggas-Summit in Berlin teil, was zu Protesten aus den Reihen der Grünen führte.  

 

Warum keine Sanktionen? 

Dass es Russland möglich ist, den starken Rückgang von gasförmigen Pipelineexporten mit einem Wachstum von Flüssiggasexporten teilweise zu kompensieren, hat mit der Tatsache zu tun, dass LNG von der EU und der Schweiz nicht sanktioniert wird. Damit kann der weitaus wichtigste LNG-Konzern Russlands, die Novatek, Putins Krieg gegen die Ukraine jährlich mit Abermilliarden unterstützen. Die Liefermenge, die vorwiegend über den belgischen Hafen Zeebrugge transportiert und verteilt wird, war 2024 mit 17 Millionen Tonnen LNG höher denn je. Gesamthaft flossen aus dem ganzen Gasgeschäft etwa 12,5 Milliarden Euro aus Westeuropa nach Russland. 

Der Grund für die unverständliche Duldung von Notavek liegt in der starken Abhängigkeit von russischem Erdgas. Aber es hat auch mit Geschäftsinteressen westlicher Konzerne zu tun. So ist das französische Unternehmen TotalEnergies Anteilseigner einer der beiden grossen Flüssiggasanlagen der Novatek auf der sibirischen Halbinsel Yamal. Von dort bringen eisbrechende Frachtschiffe LNG im Wert von 30 Millionen Euro pro Ladung in die Welt.  

Der Eisbrecher, den ein Bericht von 10vor10 am 10. Januar 2025 zeigte (siehe Kasten), trägt den Namen Christophe de Margerie. Margerie war Generaldirektor der Firma TotalEnergies und eng befreundet mit dem französischen Staatspräsidenten Macron und dem russischen Staatspräsidenten Putin (siehe Kasten). Dass sich Macron als Ukraine-Freund darzustellen versucht, ist eine unsägliche Heuchelei, denn Putin und Novatek verdanken Macron wesentlich die Verschonung von Sanktionen. 

Die EU hat unter Druck der echten Freundinnen und Freunde der Ukraine im letzten Sommer erste kleine Sanktionsschritte unternommen. So verbietet sie Investitionen in künftige LNG-Projekte. Aber ihr Ziel, bis 2027 von russischem Erdgas unabhängig zu sein, ist ein zu vages, um daran glauben zu können. Dazu kommt, dass die politischen Kräfte, die gegen Sanktionen sind, in der EU wie auch in den USA wieder stärker werden. Dass Flüssiggas nicht sanktioniert ist, hat also mit politischen und wirtschaftlichen Abhängigkeiten zu tun. 

 

Und wie weiter?  

Damit die Schweiz und insbesondere Zug nicht jährlich Milliarden aus Flüssiggas in Putins Kriegskasse stecken, muss die Schweiz eigenständige Sanktionen ergreifen. Das kann sie. Die katastrophalen Folgen von Putins Krieg für die Ukraine rechtfertigen einen solchen Schritt. In der Frühjahrssession reichte ich deshalb im Nationalrat einen Vorstoss ein, der folgende Forderungen beinhaltet:  

Der Bundesrat soll die Interessen des Landes wahrnehmen und Art. 184 Abs. 3 BV anwenden, um die Eigenständigkeit der Schweiz auch im Bereich der Wirtschaftsembargomassnahmen zu nutzen. Es geht um: 

  • die Wahrung von aussenpolitischen Interessen der Schweiz;  
  • die Wahrung des Völkerrechts und spezifisch der Menschenrechte;  
  • die Wahrung von friedenserhaltenden Aktionen;  
  • den Schutz des internationalen Ansehens der Schweiz.  

Der Bundesrat darf sich nur bei zeitlicher und sachlicher Dringlichkeit auf den Verfassungsartikel berufen. Beides ist in Anbetracht dieses Krieges gegeben. Dem Bundesrat wurde in der Verfassung die Befugnis gegeben, zum Schutz der äusseren und inneren Sicherheit, der Unabhängigkeit und der Neutralität Verordnungen zu erlassen.  Er muss dafür nicht das Parlament entscheiden lassen. Die Befugnis des Bundesrates gilt für eine befristete Zeit. Wann soll der Bundesrat seine Kompetenz nutzen, wenn nicht jetzt? 

Wir Alternative-Grünen kämpfen seit 25 Jahren gegen die Fütterung von Putins Kriegen. Damals ging es um den Tschetschenienkrieg, heute um den Ukrainekrieg. Ich danke euch, dass ihr dieses Engagement mit eurer Teilnahme an der Mahnwache unterstützt.