Luzian Franzini, Co-Präsident ALG Kanton Zug

Die Bürgerlichen durchlöchern die Sanktionen, verweigern Finanzhilfe, aber missbrauchen die Ukraine für die Förderung des Waffenexports in die Golfstaaten.

Nach Putins Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 beschloss die Europäische Union (EU) eine Reihe von Sanktionen gegen Russland. Nachdem der Bundesrat anfänglich gezögert hatte, beschloss er unter dem Druck einer grossen Solidaritätskundgebung in Bern, diese grundsätzlich mitzutragen. Aber am 15. Oktober 2024 weigerte er sich, eine wichtige Sanktion im jüngsten EU-Paket zu übernehmen. Die von der Schweiz abgelehnte Regelung verlangt beispielsweise von Rohstoffhandelsgesellschaften sicherzustellen, dass Tochtergesellschaften in Drittstaaten die Sanktionsmassnahmen nicht untergraben. Damit schützt der Bundesrat insbesondere Ölhandelsfirmen, die über die Golfstaaten die Sanktionen umgehen. Aufschlussreich ist, dass die Mitte-Partei, die sich als beste Freundin der Ukraine versteht, dagegen nichts einzuwenden hat.

Ständerat schützt Oligarchen

In einem anderen weiteren Fall von Sanktionsverweigerung kam der Vorschlag aus der Mitte selbst. Eines der 14 Sanktionspakete, das die Schweiz mitträgt, verbietet die Steuer- und Rechtsberatung für die russische Regierung sowie für Unternehmen, die in Russland niedergelassen sind. Am 23. September 2024 schlug der Walliser Ständerat Beat Rieder, der bereits das Geldwäschereigesetz zugunsten der Oligarchen zu einem Löchersieb gemacht hatte, vor, die «Rechtsberatung» weiterhin zuzulassen. Obwohl der SVP-Wirtschaftsminister Guy Parmelin vor einem verheerenden Signal gegenüber den EU-Ländern warnte, setzte sich die Oligarchen- und Rohstoffhandels-Lobby durch – mit 34 zu 10 Stimmen. Dass auch die beiden Zuger Standesvertreter Peter Hegglin und Matthias Michel zustimmten, überraschte weniger.

Lex Saudi

Die gleichen Kräfte stellen sich im Zusammenhang mit der Frage der Waffenlieferungen gerne als besonders solidarisch hin.  Ginge es ihnen wirklich nur um die Weiterlieferung von Waffen für die Ukraine, hätten sie längst eine Vorlage einbringen können, die nur für die Ukraine gilt. Gegen eine Lex Ukraine gäbe es aus der Linken kaum Gegenstimmen. Allerdings geht es bei der Lockerung des Kriegsmaterialgesetzes um ein lukrativeres Geschäft: die Golfstaaten. Die von einer knappen Mehrheit der Sicherheitspolitischen Kommission vorgeschlagene Abschaffung von Nichtausfuhrerklärungen für sogenannte «Anhang-2-Staaten» ist eine Lex Saudi. Sie hat zur Folge, dass Saudiarabien über Länder wie Grossbritannien, Frankreich oder Deutschland wieder zu Schweizer Waffen kommt. Diese drei Staaten haben seit 2017 gegen 2000 Exportbewilligungen von über 12 Milliarden Euro zugunsten des Golfstaates erlassen, obwohl er die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht massiv verletzte.
Dass es bei der Vorlage nicht um die Ukraine geht, zeigt auch der Umstand, dass es bis zum Inkrafttreten der Gesetzesänderung noch fünf Jahre dauern könnte. Zudem hat die Wiederausfuhr von Schweizer Kriegsmaterial in die Ukraine einen militärisch marginalen Wert.
Mit dem Lenken der Debatte auf Waffenlieferungen wird davon abgelenkt, wo die Schweiz einen wirklichen Hebel für Unterstützung der Ukraine hätte. Vernebelt wird damit einerseits das Füllen von Putins Kriegskasse aus Zug, Genf und Lugano. Und zweitens die Weigerung, der Ukraine die Milliardenhilfe, die die Schweiz ihr auch deswegen schuldet, zu leisten. Am 5. März 2024 lehnte der Nationalrat mit 111 gegen 71 linke Stimmen einen Wiederaufbaufonds für die Ukraine ab. Auch die beiden Zuger Bürgerlichen wollten von echter Solidarität nichts wissen.

Übrigens lehnte auch die bürgerliche Mehrheit im Zuger Kantonsrat einen Vorstoss ab, welcher einen Teil der Steuereinnahmen von russischen Oligarchen in die ukrainische Aufbauhilfe investieren wollte.